Dr. Matthias Riedl ist als In- ternist in der Ernährungs- medizin und Diabetologe tätig. Er ist Gründer und ärztlicher Direktor der medicum Ham- burg MVZ GmbH, Deutsch- lands größter Spezialpraxis für Diabetes, Ernährungsmedizin und angrenzender Fachgebiete. Deutschlandweit ist er durch die NDR-Sendung „Die Ernäh- rungsdocs“ bekannt. Sein aktu- ellstes Buch: „Iss dich gesund. Mein Ernährungswissen und 150 Rezepte für ein gutes, lan- ges Leben“, erschienen bei GU sonderes Beispiel sind die Tsimane-In- dianer im Amazonas-Regenwald. Selbst im hohen Alter von über 90 Jah- ren konnten Forscher bei den etwa 700 Indianern nur selten verkalkte Herz- kranzgefäße feststellen. Sie ernähren sich viel von Pflanzen, Wurzeln, Nüs- sen, Pilzen und Obst. Auf der japani- schen Insel Okinawa gibt es deutlich mehr über Hundertjährige als im Rest der Welt. Neben sozialen Faktoren wie Stress, Umweltbedingungen und sozia- lem Zusammenhalt, spielt Ernährung eine wesentliche Rolle. Frisches Ge- müse, Früchte, frischer Fisch, Nüsse – das macht eine gesunde Ernährung aus. Kuchen, Gebäck und Süßigkeiten sind Genussmittel. Und wie der Name schon sagt, sollte man sie genießen – aber nicht jeden Tag. Viele Menschen sind von der Informationsflut rund um die Er- nährung überfordert. Es entsteht beinahe das Gefühl, dass jede Woche eine neue Studie veröffent- licht wird. Das, was bis gestern galt, kann heute schon falsch sein. DR. RIEDL: Deshalb folgt die seriö- se Ernährungsforschung auch keinen Trends. Die artgerechte Mischung ent- steht automatisch auf dem Teller, wenn Sie sich ernähren wie ein Sammler und Jäger: Körner, Nüsse, Gemüse, ab und zu (zuckerarmes) Obst, Pilze, Kräuter, Gewürze, Fisch, mäßig Fleisch, keine Wurstwaren. Bei einer solchen Er- nährung müssen Sie nicht viel rech- nen oder abwiegen – und erst recht keine Kalorien zählen. Wenn Sie dann noch auf ein gesünderes Omega-3 und Omega-6-Verhältnis achten, sind sie rundum gut versorgt. Und nehmen nicht zu. Viele kennen die klassische Er- nährungspyramide. Wie würde die sich nach Ihrem Prinzip gestalten? DR. RIEDL: 20 Prozent Nudeln, Kartof- feln, Reis, Brot sowie hochwertige Öle und Fette. 30 Prozent Fleisch, Fisch, Ei- weiß aus Eiern, Milch, Milchprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchte. Und 50 Prozent Gemüse, Salat, Pilze und zuckerarmes Obst. Einige ernähren sich generell schon gesünder, andere müssten ihr gesamtes Leben ändern. Kann das klappen? DR. RIEDL: Jedenfalls nicht, wenn man von einem Tag auf den anderen alles ändert. Das kann niemand durch- halten. In meinem Zentrum gehen wir nach dem 20:80-Prinzip vor. Das heißt unter anderem, mit wenigen Ver- änderungen (20 Prozent) viel zu er- reichen (80-100 Prozent) und dabei die meisten Gewohnheiten (80 Prozent) beizubehalten. Gut und gesund früh- stücken und Mittag essen, dafür das sonst üppige Abendbrot reduzieren, zuweilen einen Fastentag einlegen. Statt Butter gute Öle verwenden, den Fleischkonsum reduzieren – gute Er- nährung ist leichter als gedacht. Haben Sie DEN Tipp, wie man den Einstieg in eine gesunde Ernährung schafft? DR. RIEDL: Einfach heute damit an- fangen und sich langsam an die neuen Essgewohnheiten gewöhnen. Auch ein erfolgreicher Marathonläufer hat mal mit einem kleinen Lauf um den Block begonnen. Was ihn von vielen anderen unterscheidet: Er ist drangeblieben, hat kleine und große Tiefs überwunden, sich nicht entmutigen lassen und das Ziel im Auge behalten. Und er hat Spaß, bei dem, was er tut. Und das ist auch bei gesunder Ernährung wichtig: Sie muss Spaß machen. Und das tut sie auch. Vielen Dank für das Gespräch. SO KOMBINIEREN SIE CLEVER UND GESUND: SEITE 13 20% Nudeln, Kartoffeln, Reis, Brot sowie hochwertige Öle und Fette. 30% 50% Fleisch, Fisch, Eier, Milch, Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Gemüse, Salat, Pilze und zuckerarmes Obst.